Die Wachstumskurve des Segment für Nachhaltigkeitsanlagen in der Schweiz zeigt steil nach oben. Im Gesamtmarkt der Fondsanbieter gingen dagegen 2010 erneut Kundengelder verloren, wie eine Studie zeigt.
Vorbei sind die Zeiten, als nachhaltiges Investieren noch eine Nischendisziplin spezialisierter Anlage-Exoten war, die ihre Kundschaft bei ökologisch-ideologisch angehauchten Investoren suchen mussten. Es ist eine Industrie geworden, an der keine Vermögensverwaltung und kein Private Banker mehr vorbei kommt. Von 2008 bis 2010 hat sich das Volumen im Segment der Nachhaltigkeitsanlagen verdoppelt, wie eine Studie des Sustainable Investment Forum (FNG) und des Beratungsunternehmens Onvalues zeigt. Ende 2010 war der Schweizer Markt für Nachhaltige Anlagen 42 Milliarden Franken schwer, das heisst Fonds, Mandate sowie Strukturierte Produkte. Im Vergleich zu 2009 bedeutet das ein Wachstum von 23,2 Prozent. 2009 war das Wachstum aufgrund der Erholung an der Börse noch stärker gewesen.
Derzeit wieder gefragt - die Aktien von Produzenten der Solarmodule, die einen weltweiten Siegeszug in der Energieerzeugung angetreten haben - das allerdings war nicht immer so, zuvor hatten Solarunternehmen starke Verluste bei den Börsenkursen hinzunehmen. Das Bild stammt aus der Produktion des Weltmarktleaders Suntech Power in Wuxi bei Shanghai (China).
Das Segment nachhaltiger Fonds wuchs 2010 sogar 30,1 Prozent und der Zuwachs an Nettoneugeld belief sich gemäss den bei 21 Schweizer Asset Managern erhobenen Daten auf 3,6 Prozent. Demgegenüber stehen Angaben von Swiss Fund Data über einen Geldabfluss von 4 Prozent im gesamten Schweizer Fondsmarkt. Dass das Segment der Nachhaltigkeitsanlagen bereits seit einigen Jahren deutlich schneller wächst als der Gesamtmarkt, ist wohl mehr angebots- als nachfragebedingt. „Das Thema ist definitiv im Schweizer Private Banking angekommen. Nachhaltige Anlagen gehören heute zur Standard-Angebotspalette in der Vermögensverwaltung“, sagt Ivo Knoepfel von Onvalues.
Dass bezüglich kompetenter Beratung und Anlagemöglichkeiten manche Bank noch einiges an Nachholbedarf hat, zeigen die Marktanteile: Während die Bank Sarasin 27 Prozent am Nachhaltige-Anlage-Kuchen hält, kommt die UBS erst auf 4,2 Prozent, die Credit Suisse auf 8,9 Prozent. Der Nachholbedarf wird dabei auch von einem Kundensegment gefordert, auf das es insbesondere die beiden Grossbanken abgesehen haben: Die Ultra High Net Wealth Individuals, kurz UHNWI. „Die Banken haben bemerkt, dass gerade die UHNWI-Kunden - also die besonders Vermögenden - eine starke Affinität zu Themen wie Nachhaltigkeit und Philantropie haben“, sagt Knoepfel.
Familienstiftungen, besonders solche mit philantropischer Ausrichtung können kein Interesse haben, mit ihren Investments in Reputationsrisiken reinzulaufen. Zur Beschränkung der Finanzrisiken sind sie auf spezialisierte Beratung und professionell gemanagte Produkte angewiesen. Was nachhaltig ist, kann je nach Investment-Ansatz recht verschieden aussehen: Anlagen mit Ausschlusskriterien sowie themenbezogene Fonds oder Produkte sind mittlerweile Standard. Spezialisierte Anbieter ermöglichen auch Direktinvestments in entsprechende Umwelt- oder Sozialprojekte.
„2010 betraf das grösste Kundeninteresse die Best-in-Class-Fonds mit Ausschlusskriterien sowie thematische Fonds“, sagt FNG-Vizepräsidentin Sabine Döbeli, die auch Leiterin Nachhaltigkeit im Asset Management der Bank Vontobel ist. Sie bemerkt zurzeit ein starkes Interesse an Themen-Produkten, angefacht durch den Super-GAU in Fukushima und die Diskussion um einen Atomstrom-Ausstieg. Vontobel kommt zusammen mit Raiffeisen auf einen Marktanteil von 9,7 Prozent im Bereich Nachhaltigkeitsanlagen. Nicht alle nachhaltigen Marktsegmente boomen: Das Volumen bei den Strukturierten Produkten ist im Vergleich zu 2009 um 18,4 Prozent eingebrochen. „Viele Anbieter sind wohl auf andere Themen umgeschwenkt. Es schlägt sich statistisch nieder, wenn Themen-Produkte mit beschränkter Laufzeit auslaufen und nicht ersetzt werden“, sagt Döbeli.
Auch auf der Nachfrageseite ist das Wachstum nicht so breit abgestützt, wie es die Statistik glauben machen könnte. Versicherer und Pensionskassen lassen aus Gründen des Anlagerisikos noch weitgehend die Finger von Nachhaltigkeitsanlagen. Nach der letzten Abstimmung zum Mindestzinssatz sind sie in erster Linie damit beschäftigt, ihre Rendite-Ziele zu erreichen. Tatsächlich sind Themen-Fonds, die beispielsweise auf Erneuerbare Energien setzen, sehr zyklisch und für die risikoaverseren Institutionellen Anleger wenig geeignet. Anständige Renditen sind mit Nachhaltigkeitsanlagen aber möglich, wie Studien belegen. „Sofern diese Investments professionell gemanagt sind und nicht zu grosse Ausschlusskriterien beinhalten, die ganze Bereiche der globalen Wirtschaft ausschliessen, bringen sie keine Renditenachteile“, sagt Knoepfel.
Quelle: Cash / Peter Hody
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