Montag, 31. August 2009

Wer braucht neue ETF?

An der Schweizer Börse SIX sollen bald neue Exchange Trade Funds kotiert werden – was selbst die sonst finanzmarktfreundliche NZZ zu kritischen Anmerkungen verleitet.

Im Folgenden Auszüge einer entsprechenden Meldung: Das Segment für Exchange-Traded Funds (ETF) an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange könnte schon bald kräftigen Zuwachs bekommen. Die bereits an neun Börsen weltweit agierende Gesellschaft ETF Securities plant, 30 bis 70 ihrer Produkte an der SIX Swiss Exchange zu kotieren, und sie will in nächster Zeit diesbezüglich Kontakt mit der Finanzaufsicht Finma aufnehmen. Zurzeit umfasst das ETF-Segment der Schweizer Börse laut einem Sprecher 183 Produkte. ETF sind börsengehandelte Indexfonds, die aufgrund vergleichsweise günstiger Gebührenstrukturen und dank hoher Transparenz in den vergangenen Jahren bei den Anlegern deutlich an Popularität gewonnen haben.

Laut einem Vertreter von ETF Securities ist geplant, beispielsweise Short- und Leverage-Aktien-ETF in der Schweiz kotieren zu lassen. Leverage-ETF hebeln bzw. verstärken die Entwicklung eines Indexes, Short-Aktien-ETF bilden die Entwicklung eines solchen Barometers invers ab. Auch andere Produkte der Gesellschaft kommen für eine Kotierung in Frage, die Palette umfasst beispielsweise auch Investmentvehikel, die die Preise von Edelmetallen, Landwirtschaftsprodukten oder Energieträgern abbilden. Auch die baldige Kotierung von Doppelt-Short- und Doppelt-Leverage-Aktien-ETF ist denkbar. Solche Produkte bilden wie andere ETF einen Börsenindex oder dessen gegensätzliche Entwicklung (Short) ab, sie verstärken diese aber mittels Derivaten um das Doppelte. Wenn der Aktienindex S&P 500 also an einem Tag um 2% zulegt, macht der Anleger mit einem doppelt gehebelten ETF auf das Barometer einen Gewinn von 4%.

Die SIX Swiss Exchange selbst wird noch in diesem Jahr Short- und Leverage-Indizes auf das Schweizer Leit-Aktienbarometer Swiss-Market-Index (SMI) publizieren. Hierauf könnten in der Zukunft wiederum Anbieter mit neuen Produkten reagieren. Leverage- bzw. Hebel-ETF gibt es an der hiesigen Börse bis jetzt nicht, hingegen sind dort bereits drei Short-ETF kotiert. Am Markt ist zu hören, andere Anbieter seien derzeit in der Planung für neue ETF auf Staatsanleihen oder auf bestimmte Aktiensektoren.

Es gibt aber auch zunehmend Stimmen, die sich kritisch zur Ausweitung der Angebotspalette bei den Indexprodukten äussern. Vor allem Vertretern von Anlagefondsgesellschaften, die auf aktives Management von Fonds setzen, sind die Produkte ein Dorn im Auge. Es gebe immer mehr Spezial-ETF, die «kein Mensch brauche», und beim Produktangebot komme es zu Auswüchsen, sagt einer davon. Hoch spezialisierte ETF könnten die Anleger in Schwierigkeiten bringen, wenn die Volumina sinken und die Produkte möglicherweise geschlossen oder fusioniert werden.

Für Aufmerksamkeit sorgte jüngst eine Warnung («investor alert») der amerikanischen Aufsichtsbehörden Finra und SEC vor den Produkten. Laut der auf der Website der SEC publizierten Mitteilung ist die Kursentwicklung dieser Anlagefonds oft für Anleger nicht nachvollziehbar. Gemäss den Aufsichtsbehörden müssten sich die Investoren bewusst sein, dass die Performance dieser ETF über längere Zeiträume hinweg deutlich von der Entwicklung des unterliegenden Indexes abweichen könne. Die ETF sind als Werkzeuge für den täglichen, kurzfristigen Handel ausgestaltet und vervielfachen oder «shorten» jeweils nur die tägliche Entwicklung. Die ETF eignen sich folglich nur für Anleger, die sich damit auskennen. Letztlich sind sie etwas für kurzfristig orientierte Händler, die von Schwankungen an der Börse profitieren wollen – zum langfristigen Aufbau von Vermögen taugen sie nicht.

Quelle: NZZ vom 31.8.09

Dienstag, 25. August 2009

Das grosse Solarinterview

Das Investmenthaus Goldman Sachs stufte deutsche Solarfirmen herab, die Branche fordert Schutzzölle und eine „Buy European“-Regelung. Droht eine beispiellose Pleitewelle? Oder ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um antizyklisch einzusteigen? DAS INVESTMENT.com fragte Matthias Fawer (siehe Bild), Vize-Präsident von Sarasin Sustainable Investment.

DAS INVESTMENT.com:
Die Angst vor den Dumpingpreisen der chinesischen Konkurrenz wächst. Die deutsche Solarindustrie fordert von Regierung und EU-Kommission Schutzzölle. Ist das sinnvoll?
Matthias Fawer: Das würde die Verlagerung nach Asien nur verzögern, aber nicht aufhalten. Zudem wollen die Europäer ja sicherlich auch vom boomenden asiatischen Solarmarkt profitieren. Wichtiger ist, dass eine globale Solarindustrie entsteht, welche auch ohne Einspeisevergütung wettbewerbsfähig ist. Durch die Erreichung der Netzparität, grüner und ‚normaler‘ Strom haben dann den gleichen Preis, kann weltweit eine enorme Nachfrage nach Solarmodulen auslöst werden.
DAS INVESTMENT.com: Solarworld-Chef Frank Asbeck wünscht sich außerdem eine „Buy European“-Regelung, um sich vor dem Massenimport von Solarmodulen aus China zu schützen. Was halten Sie von diesem Öko-Protektionismus?
Fawer: Ich bezweifle, dass eine solche Regelung viel bringt. Die Europäer sollten sich viel eher über Qualität und Wirkungsgrad ihrer Module abheben. Premiumprodukte erlauben einen höheren Preis. Anderseits untersucht die Bank Sarasin gerade, ob asiatische Solarunternehmen die Umweltgesetzgebung und minimale Sozialstandard einhalten. Dadurch sollen ‚unfaire‘ Kostenvorteile vermieden werden.
DAS INVESTMENT.com: Billig-Konkurrenz aus Asien, Modulschwemme aus den USA und Probleme bei der Finanzierung neuer Projekte. Wie schlimm steht es letztendlich um die Solarindustrie?
Fawer: Wir haben eine Krise, aber keinen Kollaps. Die aktuelle Panikmache ist übertrieben. Wir stehen vor einer Konsolidierung einer sich globalisierenden Solarindustrie.
DAS INVESTMENT.com: Wodurch wurde die Krise ausgelöst?
Fawer: Die Nachfrage nach Solarmodulen und Anlagen ist dramatisch eingebrochen. Grund ist unter anderem die neue Gesetzgebung in Spanien, dem zweitgrößten Solarmarkt Europas. Die Vergütung für Solarstrom wurde gesenkt und die Förderung auf maximal 500 Megawatt pro Jahr gedeckelt. Wegen der Finanzkrise können viele große Projekte zudem nicht mehr finanziert werden. Da die Solarindustrie in den vergangenen Jahren Vollgas gegeben und massiv Kapazitäten ausgebaut hat, gab es riesige Lagermengen, die nun nicht mehr an den Mann gebracht werden konnten. Die Modulpreise sind darum seit September vergangenen Jahres um 30 bis 40 Prozent gefallen.
DAS INVESTMENT.com: Mit anderen Worten: Um zu überleben und Gewinne zu erzielen, müssen die Solarfirmen ihre Kosten drastisch senken. Chinesische Anbieter können das. Sie produzieren bereits rund 30 Prozent günstiger als ihre europäische Konkurrenz. Warum?
Fawer: Sie haben grundsätzlich niedrigere Lohn- und Stromkosten. Die chinesischen Banken sind zudem gut aufgestellt und die Finanzierung der Anlagen dadurch günstiger. Oft bekommen die Firmen das Land sogar gratis.
DAS INVESTMENT.com: Aber auch für europäische Firmen sind die Kosten stark gefallen. Der Spot-Preis, also der aktuelle Marktpreis, des für die Modulproduktion so wichtigen Siliziums ist von enormen 400 US-Dollar pro Tonne auf 60 bis 70 Dollar gerutscht. Warum macht sich das nicht bemerkbar?
Fawer: Die meisten europäischen Unternehmen haben sich mit Langzeitverträgen einen damals günstigen Preis gesichert. Der liegt momentan aber über dem aktuellen Spot-Preis. Leider kommen die Firmen nicht so schnell aus ihren Verträgen heraus. Die Chinesen indes haben auf dem Spot-Markt eingekauft; zuerst zu den hohen Preisen. Jetzt profitieren sie dafür von den niedrigen Preisen. Einige der asiatischen Modul-Hersteller verkaufen aber auch unter ihren effektiven Herstellkosten, um die Konkurrenten zu verdrängen und Marktanteile zu gewinnen. Zumal die Qualität ihrer Module kaum noch schlechter ist als die der europäischen Konkurrenz.
DAS INVESTMENT.com: Viele Fonds, wie etwa das Dickschiff Blackrock New Energy, haben nach dem Kurssturz Ende 2008 bereits Anfang dieses Jahres massiv Solarfirmen verkauft und sind auf Wind umgestiegen. Fondsmanager sind offenbar eher pessimistisch. Wie sehen Sie die Zukunft der Solarbranche?
Fawer: Die Branche wird stark schrumpfen und sich konsolidieren. Es sind noch zu viele kleine, unscheinbare Akteure auf dem Markt. Es wird eine Entwicklung wie in der Halbleiter-Branche geben: 0815-Produkte können einfach günstiger in Asien produziert werden.
DAS INVESTMENT.com: Was bleibt?
Fawer: Für uns in Europa bleiben die Forschung und Entwicklung, Nischenprodukte und der Vertrieb für die lokalen Märkte. Die globalen Player werden sich durchsetzen.
DAS INVESTMENT.com: Sich eine Solaranlage auf das heimische Dach zu setzen, ist nun deutlich billiger geworden. Der Einstiegszeitpunkt ins grüne Energiezeitalter ist günstig. Gilt das auch für Investoren?
Fawer: Mit einem Einstieg sollte man lieber noch warten. Es ist noch sehr viel Unruhe im Solarmarkt. Auf jeden Fall würde ich noch die Wahlen abwarten. Es kann sein, dass die neue Regierung am Erneuerbare-Energien-Gesetz rumschraubt. Das würde erneut für eine gewisse Unsicherheit sorgen.
DAS INVESTMENT.com: Und dann?
Fawer: Ab 2010 sollten Investoren wieder einen Blick wagen. Dann dürften die Märkte wieder anziehen. Interessant sind vor allem Anlagenbauer, welche als erste profitieren können.
DAS INVESTMENT.com: Sie haben erst vor Kurzem die Solarbranche analysiert und Unternehmen herausgefiltert, die diese schwierige Übergangsphase am besten überstehen dürften. Gilt das Ergebnis angesichts der dramatischen Veränderungen noch?
Fawer: Wir überarbeiten unsere Analyse gerade. Solarworld und First Solar werden aber sicher vorne bleiben. Q-Cells und REC hingegen werden auf Kosten einzelner chinesischer Unternehmen wie Suntech Power und Yingli Solar zurückfallen.

Quelle: Das Investment.com

Montag, 24. August 2009

Nachhaltigkeitsfonds bestehen

Per Ende Juni waren nach Informationen des Sustainable Business Institute (SBI) insgesamt 301 nachhaltiger Fonds in Deutschland, Österreich und Schweiz zum Publikumsvertrieb zugelassen.

Die 301 zugelassenen Fonds waren zum 30.06.2009 mit ca. 25,5 Mrd. Euro investiert. 13 Fonds mit einem Volumen von ca. 140 Mio. Euro sind im ersten Halbjahr neu aufgelegt worden: sieben Aktien- und zwei Dach, ein Misch-, zwei Rentenfonds und ein ETF. Darüber hinaus sind gegenüber Ende 2008 22 Fonds mit einem Volumen von ca. 2,4 Mrd. Euro hinzugekommen, die entweder bereits in anderen Ländern zugelassen waren oder neu Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. Fünf Aktien-, zwei Renten- und ein Mischfonds wurden seit Beginn des Jahres geschlossen oder mit anderen Fonds zusammengelegt.

17,57 Mrd. waren in 181 Aktienfonds investiert. Die Performance der Aktienfonds, die bereits Ende 2008 aufgelegt waren, war im ersten Halbjahr sehr unterschiedlich: sie lag zwischen ca. plus 53 % und ca. minus 7%. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Aktienfonds sehr stark unterscheiden: Zu diesen Fonds gehören sowohl breit aufgestellte internationale Fonds wie auch spezialisierte Fonds mit regionalem Fokus sowie Technologie- und Themenfonds.

4,13 Mrd. Euro waren in 42 Rentenfonds investiert. Die Performance der vor 2009 aufgelegten Rentenfonds war sehr unterschiedlich und lag im ersten Halbjahr zwischen ca. plus 20 % und ca. minus 5 %. Weniger 2,96 Mrd. - waren in 50 Mischfonds und 112 Mio. in 17 Dachfonds investiert. Die Performance der Mischfonds, die bereits vor 2009 aufgelegt wurden ist ebenfalls sehr unterschiedlich, sie lag im ersten Halbjahr 2009 zwischen ca. plus 15 % und ca. minus 22 %. Auch die Performance der Dachfonds die vor 2009 aufgelegt waren unterscheidet sich stark, sie lag zwischen ca. plus 14 % und ca. minus 14 %. Beim Vergleich der Misch- und Dachfonds ist zu berücksichtigen, dass der Aktienanteil recht unterschiedlich hoch ist mit entsprechenden Auswirkungen auf Rendite und Risiko.

In den neun nachhaltigen ETFs waren insgesamt ca. 355 Mio. Euro investiert. Die Performance der bereits vor 2009 aufgelegten acht ETFs lag im ersten Halbjahr 2009 zwischen ca. plus 12% und ca. plus 4%. In den beiden MicrofinanceFonds waren Ende Juni 2009 389 Mio. Euro investiert. Die Performance lag zwischen ca. plus 1,9 % und plus 0,9%.

Weitere Informationen zu den Fonds und ihrer aktuellen Performance sowie Indizes und Unternehmen finden Sie auf www.nachhaltiges-investment.org.

Quelle: Dr. Paschen v. Flotow. Sustainable Business Institute (SBI), August 2009

Donnerstag, 13. August 2009

Schweiz ganz vorn

Mit dem Nachhaltigkeitsrating für OECD-Staaten schafft die Zürcher Kantonalbank (ZKB) auch für Obligationen die Voraussetzung für einen breiten Einbezug von Umwelt- und Sozialaspekten in den Anlageprozess. Die Schweiz schneidet gut ab.

Zum fünften Mal hat das ZKB Nachhaltigkeitsresearch der Zürcher Kantonalbank (ZKB) publiziert. Diese Bewertung für Obligationen der OECD-Staaten schliesst Umwelt- und Sozialaspekte in den Anlageprozess ein. In gebräuchlichen finanziellen Bonitätsratings sind Informationen zur Umweltsituation in Staaten nur am Rande enthalten. Auch soziale Faktoren fliessen nur beschränkt mit ein. Natürliche Ressourcen, aber auch stabile politische und soziale Verhältnisse sind jedoch eine wichtige Voraussetzung für die gesunde Volkswirtschaft eines Landes. Das Nachhaltigkeitsrating für OECD-Länder ist deshalb eine wichtige Ergänzung zu gängigen Bonitätsratings und unterstützt Anleger bei der Wahl der Staatsanleihen.

Das Nachhaltigkeitsrating 2009 umfasst alle 30 OECD-Staaten und basiert auf 100 verschiedenen Indikatoren zur Bewertung der Umwelt- und Sozialaspekte. Die Bereiche Umwelt und Soziales sind im Rating mit je 50 % gewichtet und umfassen je acht Themenfelder. Auf der Umweltseite werden beispielsweise die Bereiche Treibhauseffekt, Biodiversität und Umweltpolitik, auf der Sozialseite Bereiche wie Sicherheit und Stabilität, Gesundheit sowie Bildung und Kultur bewertet.

Die Schweiz hat sich verbessert: Die Berechnung des Nachhaltigkeitsratings auf der Basis der 100 ZKB Nachhaltigkeitsindikatoren führte zu einer Rangfolge der Staaten. Wie in der letzten Studie aus dem Jahre 2007 belegt Schweden in dieser Nachhaltigkeitsbewertung den ersten Rang. Die Schweiz folgt auf dem zweiten Platz und hat sich damit gegenüber dem letzten Rating um einen Rang verbessert. Norwegen liegt an dritter Stelle. Schweden und Norwegen verdanken ihre guten Platzierungen hauptsächlich den Ergebnissen im Sozialrating. Während die Schweiz im Umweltbereich den Spitzenplatz einnimmt, erreicht sie im Sozialbereich „nur" den siebten Rang. Weit abgefallen, mit einem deutlichen Abstand zum Zweitletzten, bilden die USA in Sachen Nachhaltigkeit das Schlusslicht. Neben den USA bekommen auch die Türkei und Mexiko schlechte Noten.

Quellen: ZKB / Fondstrends