Montag, 30. August 2010

AVB-Tipp 2: Bauchwetten

Geldanlage ist immer auch Glücksspiel und der Zufall ein mächtiger Gegner. Dem folgenden Artikel aus der deutschen Wochenzeitung «Die Zeit» ist wenig beizufügen.

Prognosen sind schwierig, wenn sie die Zukunft betreffen. Das ist keine neue Erkenntnis, dennoch richten wir unsere Entscheidungen in Gelddingen vor allem an Vorhersagen aus. Analysten erwarten, Chefvolkswirte schätzen, Journalisten hoffen, Bankberater prognostizieren – und alle liegen doch mit schöner Regelmäßigkeit daneben.

Es ist töricht, sich auf Prognosen zu verlassen, weil uns unerwartete Ereignisse immer wieder dazwischenfunken. Nassim Nicholas Taleb, ein aus dem Libanon stammender früherer Finanzmathematiker im Dienste der Wall Street, hat das einmal schön aufgeschrieben. Taleb erinnert an die großen Erfindungen, die die Menschheit geprägt haben: das Internet etwa, die Atombombe, das Auto – oder das Rad. Begeben wir uns gedanklich doch mal in jene Zeit kurz vor dessen Erfindung zurück. Wer damals eine korrekte Prognose hätte abgeben wollen, hätte das Rad in seine Überlegungen miteinbeziehen müssen. Er hätte wissen müssen, was ein Rad ist und was es bewirkt – bevor es erfunden wurde. Aber wenn er das alles schon gewusst hätte: Wäre er dann nicht selbst der Erfinder gewesen?

Kein Finanzprophet hat die Anschläge am 11. September 2001 vorhergesehen. Oder die Pleite von Lehman Brothers am 15. September 2008. Erst recht ahnte niemand, wie das alles die Finanzmärkte beeinflussen würde. Jede noch so gut abgesicherte Prognose kann der Zufall mühelos über den Haufen werfen.

Seit sieben Jahren wette ich mit meinem Kollegen Robert von Heusinger von der Frankfurter Rundschau auf den Dax. Jeweils im Januar geben wir einen Tipp ab auf den Stand des Deutsche Aktienindex am Jahresende. Wer näher dran ist, gewinnt eine Flasche Champagner. Robert wagt die große, mit Fundamentaldaten unterlegte Prognose. Ich behaupte einfach irgendwas, rein nach Bauchgefühl. Von den vergangenen sieben Wetten habe ich fünf gewonnen, Robert nur zwei.

Bislang ist der Zufall also mein Freund gewesen. Aber daraus auf den Ausgang der nächsten Wetten zu schließen wäre grob fahrlässig.

Quelle: Die Zeit