Dienstag, 15. Dezember 2009

Vorsicht AWD

Es war einmal ein deutscher Finanzdienstleister. Und dann war da noch die Swiss Life, der grösste Schweizer Lebensversicherer, im Volksmund immer noch als Rentenanstalt bekannter. Letzterer gefiel es, sich erstere einzuverleiben. Der AWD-Beratungsdienst ist deswegen nicht besser geworden.

Die Übernahme geschah nach manch gewagten und meist floppenden Projekten der zur Aktiengesellschaft mutierten Swiss Life anfangs des Jahrzehnts. Doch auch mit der AWD scheint die Swiss Life nicht glücklich zu werden. Das legt die Lektüre der Berichterstattung zu einem Info-Anlass von Swiss Life nahe – auch die wirtschaftsnahe NZZ kann sich eines kritischen Kommentars nicht enthalten.

So schreibt die NZZ unter anderem: «Das Management der Swiss Life stellt wiederholt die Vorzüge ihrer deutschen Tochtergesellschaft AWD in den Vordergrund und will partout nichts von einem Abschreiber auf dem bezahlten Goodwill von 1,3 Mrd. Fr. wissen. Es mag eine Reihe von Gründen für diese Position geben, wobei nicht der mindeste darin besteht, in Deutschland über den Finanzberater neue Kunden auch für Swiss Life gewinnen zu können. Doch sind sich wohl alle, auch die kauffreudige Swiss Life, im Nachhinein einig, Carsten Maschmeyer einen sehr noblen Preis für AWD bezahlt zu haben.»

Und nun dies: Im ersten Halbjahr 2009 sank der AWD-Umsatz um einen Fünftel, und es fiel ein Verlust in zweistelliger Millionenhöhe an. Der Abstand zu den Ertragszielen – ein Umsatz von bis zu 690 Mio. € und ein Ebit von bis zu 100 Mio. € bis 2012 – ist gross, die Abweichung vom angepeilten Kurs inzwischen ganz erheblich. Die NZZ weiter: «Während es an positiven Neuigkeiten mangelt, mangelt es nicht an schlechten. Vor dem Landesgericht Hannover ging im Sommer ein Prozess um das Recht verloren, sich als unabhängiger Finanzberater anpreisen zu dürfen. Man experimentiert nun mit dem Slogan «Ihr persönlicher Finanzoptimierer». Zudem erhebe sich die Frage: «Sind es nur böse Zungen, die vor einem Fiasko in Österreich warnen, wo AWD mit dem Verbraucherschutzverband wegen angeblich falscher Beratung bei Immobilien-Investitionen im Clinch liegt?»

Die Krux liegt aber wohl an der Konstruktion des Finanzdienstleisters. Früher wurden die Probleme mit schlechter Beratung regelmässig ruchbar und waren auch Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen in und mit den Medien. Dann glaubte man mit besserer Ausbildung der Beratenden einen Befreiungsschlag zu landen. Wer aber von Einzelgesprächen hört, wundert sich immer wieder über das Beratungsgehabe der AWD-MitarbeiterInnen. Und so mag es für die Swiss Life ein schlechtes Geschäft gewesen sein, die Hand an die AWD zu legen. Für die Kundschaft ist weiterhin erst recht vor dieser vermeintlich unabhängigen Beratung zu warnen. Denn dies ist unterdessen zumindest gerichtlich bestätigt, dass die AWD-Beratung eben nicht unabhängig ist.

© Vorsorgemedia / Quelle: NZZ

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